Wann verfällt der Urlaubsanspruch?
Kann also Urlaub aus 2018 auch noch 2019 genommen? Wir verraten es Ihnen!
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Diese Fragen stellen sich viele Arbeitnehmer, die zum 31.12.2018 noch Resturlaub aus dem Jahr 2018 haben und diesen nunmehr in 2019 nehmen wollen. Aufgrund der neuesten Entscheidungen des EuGH dürfte für viele Arbeitnehmer nun tatsächlich eine Übertragung ins Folgejahr in Betracht kommen, wenn sie von ihrem Arbeitgeber nicht auf den Verfall hingewiesen wurden. Allerdings hat sich das Bundesarbeitsgericht zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht selbst dazu geäußert. Es bleibt daher abzuwarten, ob und wie das BAG diese Entscheidung im Wege der Rechtsfortbildung interpretiert. In den Details sind damit aktuell noch gewisse Rechtsunsicherheiten vorhanden.
Gesetzlich ist die Thematik in § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz geregelt. Im Grundsatz ist darin ein Übertragungsverbot geregelt. Der Urlaubsanspruch ist demnach im laufenden Kalenderjahr zu gewähren und zu nehmen. Eine Übertragung ins Folgejahr ist nur ausnahmsweise möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (z. B. Krankheit des Arbeitnehmers) dies rechtfertigen. Im Falle einer solchen Übertragung ist der Urlaub in den ersten 3 Monaten des folgenden Kalenderjahres, also bis zum 31. März des nächsten Jahres, zu gewähren und zu nehmen.
Soweit die knappe Regelung im Bundesurlaubsgesetz. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass der Anspruch auf Urlaub auch im Folgejahr gleichwohl nicht erlischt, wenn der Arbeitsnehmer krankgeschrieben war und hierdurch seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht ausüben konnte. Mehrere „Jahresurlaube“ können dabei jedoch nicht angehäuft werden, da der Urlaubsanspruch spätestens nach 15 Monaten nach Ablauf des Urlaubsjahres verfällt, selbst wenn der Arbeitnehmer auch weiterhin ohne Unterbrechung arbeitsunfähig ist.
Im Jahr 2017 entschied der EuGH in der Rechtssache King, dass auch dieser Verfall nach spätestens 15 Monaten nicht immer gilt. In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Arbeitnehmer über Jahre hinweg keinen Urlaub genommen, weil der Arbeitgeber sich weigerte, Urlaubsentgelt zu bezahlen. Der EuGH entschied, dass die 15-Monatsfrist nicht greift und der Urlaubsanspruch damit nicht verfällt.
Ende 2018 hat der EuGH mit zwei weiteren Entscheidungen dafür gesorgt, dass das deutsche Urlaubsrecht in der Frage der Urlaubsübertragung auf den Kopf gestellt wurde. Es ging dabei um die Frage, ob der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers verfallen kann, wenn der Arbeitnehmer überhaupt keinen Urlaubsantrag gestellt habe. Derr EuGH hat nunmehr entschieden, dass ein Verfall des Urlaubsanspruchs bei fehlender Antragstellung des Arbeitnehmers nicht mit Art. 7 I RL 2003/88/EG und Art. 31 GRCh vereinbar ist. Der Anspruch könne nur verfallen, wenn der Arbeitnehmer aus freien Stücken und in voller Kenntnis der Konsequenzen darauf verzichtet habe, seinen Urlaub rechtzeitig zu nehmen. Der Arbeitgeber müsse den Arbeitnehmer tatsächlich in die Lage versetzen, den Urlaub wahrzunehmen. Eine Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zu zwingen, den Urlaub auch zu nehmen, besteht damit nicht. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer jedoch gegebenenfalls darüber aufklären, dass der Anspruch verfällt, sofern er nicht umgehend genommen werde. Auch eine förmliche Aufforderung durch den Arbeitgeber hält der EuGH unter Umständen für notwendig. Der Arbeitgeber muss also zukünftig beweisen können, dass er den Arbeitnehmer klar und transparent auf den Verfall des Urlaubsanspruchs hingewiesen und ihm auch die Möglichkeit eingeräumt hat, den Urlaub zu nehmen.
Arbeitgebern ist daher zu empfehlen, die Arbeitnehmer bereits am Jahresanfang nachweisbar über bestehende Urlaubsansprüche und deren Verfall zu informieren und sie auffordern, den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Gegebenenfalls sollte einige Wochen vor Ende des Jahres dies unter Berücksichtigung des dann noch vorhandenen Urlaubs wiederholt werden.
Für Arbeitnehmer ergeben sich durch die neue Rechtsprechung ausschließlich Vorteile. So kann es sich durch die neue Rechtsprechung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nun häufiger ergeben, dass noch Urlaubsabgeltung für vergangene Urlaubsjahre verlangt werden kann. Insbesondere ist aufgrund der noch jungen Rechtsprechung davon auszugehen, dass viele Arbeitgeber es versäumen, ihre Arbeitnehmer über den möglichen Verfall von Urlaubsansprüchen zu informieren. Arbeitnehmer sollten dies im Falle einer Kündigung mit einem auf Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt besprechen und einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung notfalls beim zuständigen Arbeitsgericht einklagen.
Sollten Sie Fragen zum Thema Urlaubsanspruch, Urlaubsabgeltung oder andere Fragen zum Thema Arbeitsrecht haben, so steht Ihnen unser auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt Michael Gabler gerne mit Rat und Tat zur Seite. Herr Rechtsanwalt Gabler vertritt Sie bundesweit vor sämtlichen Arbeitsgerichten, schwerpunktmäßig in den Städten Regensburg und Landshut.
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