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Muss eine Airline dem Passagier die Kosten für ein neues Flugticket ersetzen, wenn dieser zwei separate Flugbuchungen vorgenommen hat und eine Verspätung des ersten Fluges zu einem Verpassen des zweiten Fluges führt?
Das Amtsgericht Erding hatte kürzlich einen solchen Fall zu entscheiden. Mit Urteil vom 19.12.2019 entschied das Gericht (Amtsgericht Erding, 15 C 3341/19), dass die Airline dem Passagier das neue Flugticket bezahlen muss, da die verspätete Beförderung zu einem Verzug der Airline geführt und die Airline diesen Verzug auch zu vertreten hatte.
Wie war der Sachverhalt?
Der Kläger hatte ein günstiges Flugticket von Paris nach Pointre a Pitre (Guadeloupe, französisches Übersee-Département in der Karibik) gebucht. Um nach Paris zu kommen, buchte der Passagier separat einen Flug bei der Lufthansa von München nach Paris. Der Kläger hatte für den Umstieg in Paris ein Zeitfenster von gut 1,5 Stunden einkalkuliert.
Es kam, wie es kommen musste. Der Flug von München nach Paris hatte eine Verspätung von rund 1,5 Stunden, so dass der Kläger den Check-In seines zweiten Fluges in der Karibik nicht mehr rechtzeitig erreichte. Die Verspätung des Fluges von München nach Paris ergab sich dabei folgendermaßen: Das dienstliche Tablet des Chefflugbegleiters wurde durch einen Passagier entwendet. Das Tablet war unbeaufsichtigt und lag wohl in einer der vorderen Sitzreihen. Eine Durchführung des Fluges war ohne dieses Tablet nicht möglich, da sich auf diesem Tablet sicherheitsrelevante Informationen befanden. Der „Dieb“ gab das Tablet erst nach einer Durchsage, dass der Flug ohne das Tablet nicht durchgeführt werden könne, zurück. Im Anschluss kam es noch zu weiteren Überprüfungen des Passagiers. Dieser durfte den Flug nach Paris sodann nicht antreten und musste das Flugzeug wieder verlassen. Der Abflug des Fluges nach Paris verzögerte sich aufgrund dieses Sicherheitsvorfalles um eine Stunde und 20 Minuten.
Wegen des verpassten Anschlussflugs in Paris musste der Kläger neue Flugtickets in die Karibik buchen. Diese Kosten wollte er von der beklagten Lufthansa ersetzt bekommen. Die Lufthansa verweigerte dies. Das Amtsgericht Erding gab dem Kläger nun Recht.
Wie begründet das Gericht den Anspruch des Passagiers?
Das Gericht sieht einen Anspruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB gegeben.
Die Airline hat eine Pflicht aus dem mit dem Kläger geschlossenen Luftbeförderungsvertrag verletzt. Bei einer Flugverspätung gerät die Airline in Verzug, ohne dass es einer Mahnung bedarf, da für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.11.2011, 16 U 39/11. Einer Flugbuchung liegen konkrete Abflugs- und Ankunftszeiten zu Grunde; der Zeitpunkt für die Leistung ist fest bestimmt. Mit dem Nichteinhalten der konkreten Zeiten ist Verzug eingetreten.
Entscheidend ist aber, dass die Airline den Verzug auch zu vertreten hat. Die Beweislast obliegt dabei der Airline.
Die Airline konnte vorliegend – trotz des Diebstahls des Passagiers – nicht nachweisen, dass ihr insoweit kein Verschulden zur Last gelegt werden kann. Gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der Schuldner einer Leistung Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wobei gemäß § 276 Abs. 2 BGB derjenige Fahrlässig handelt, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dabei muss sich die Beklagte das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen, § 278 BGB. Es obliegt aufgrund der oben geschilderten Beweislast der Beklagten nachzuweisen, dass sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat.
Dieser Nachweis gelang der Airline vorliegend nicht. Aufgrund der Beweisaufnahme stand für das Gericht zwar fest, dass das dienstliche Tablet von einem Passagier entwendet wurde. Hierbei konnte jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Chefflugbegleiter als Erfüllungsgehilfe der Beklagten fahrlässig handelte, da ein Tablet mit sicherheitsrelevanten Informationen nicht unbeaufsichtigt bleiben darf, insbesondere dann, wenn es dabei leicht dem Zugriff Dritter ausgesetzt ist. Es entspricht jedenfalls nicht der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, ein dienstliches Tablet mit sicherheitsrelevanten Informationen unbeaufsichtigt im für Fluggäste frei zugänglichen Sitzbereich liegen zu lassen.
Hat der Passagier seine Umsteigezeit zu knapp kalkuliert?
Diese Frage verneinte das Gericht. Es handelte sich bei beiden Flügen um einen Flug im sog. Schengengebiet, so dass keine weiteren Einreiseprüfungen erforderlich waren. Die vom Kläger einkalkulierte Umsteigezeit von etwa 1,5 Stunden war damit nach Meinung des Gerichts ausreichend.
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