Neben zahlreichen anderen Fragen im Falle eines Verkehrsunfalls stellt sich stets auch die nach der Bemessung des Schadens, konkret also der genauen Schadenshöhe. Oft erfolgt diese durch ein ebenfalls oft nicht billiges Gutachten. Braucht es aber immer ein solches Gutachten, ausgestellt von einem Sachverständigen? Oder reicht auch ein grober Kostenvoranschlag einer Werkstatt? Und wer trägt die Kosten? Wir klären auf.
Kostenvoranschlag vs. Sachverständigengutachten
Der große Vorteil des Kostenvoranschlags zum Gutachten liegt auf der Hand: Ein Kostenvoranschlag ist schneller erstellt und schlägt zunächst mit deutlich weniger Kostenaufwand zu Buche. Es kann somit auch eine deutlich schnellere Abwicklung des Unfalls erfolgen. Aber: Der Kostenvoranschlag berücksichtigt allein die zu erwartenden Reparaturkosten. In einem (unabhängigen) Gutachten hingegen werden direkt auch andere Schadenspositionen abgeprüft und beziffert, wie z. B. eine zusätzliche unfallbedingte Wertminderung des Fahrzeugs, die Höhe der einforderbaren Mietwagenkosten oder die Entschädigung für den unfallbedingten Nutzungsausfall. Im Falle eines Totalschadens kann zudem der in einem Gutachten ermittelte Restwert wichtig werden – dieser stellt dann den Wert dar, für den Sie Ihr verunfalltes Fahrzeug noch verkaufen können.
Der Unfall wird also im Rahmen eines Gutachtens eingehender beleuchtet, wobei v. a. die Entschädigungssumme höher ausfallen kann als beim Kostenvoranschlag.
Entscheidungskriterium Bagatellgrenze
Wo es viel Schadenspositionen zu bewerten gibt, liegt i. d. R. auch ein schwererer Unfall zugrunde. Die entscheidende Frage, ob ein Kostenvoranschlag eingeholt oder lieber zum Gutachten gegriffen werden sollte, lautet daher: Handelt es sich um einen Bagatellschaden? Dieser wird von der gängigen Rechtsprechung auf ca. 750,- € beziffert. Liegt der Schaden aller Wahrscheinlichkeit nach über dieser Summe, sollte in jedem Fall ein umfassendes Gutachten eingeholt werden. Handelt es sich aber etwa nur um kleine Lackschäden oder einen angefahrenen Außenspiegel, reicht ein Kostenvoranschlag.
Und wer trägt letztlich die Kosten?
Dies gilt insbesondere, da der gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherer nur dann die Kosten für ein Gutachten bzw. den Kostenvoranschlag übernimmt, wenn diese Kosten angemessen und erforderlich sind, vereinfacht gesagt: Der Unfallschaden also auch im entsprechenden Bereich anzusiedeln ist. Weitere Voraussetzung ist natürlich, dass die Schuldfrage nicht entgegensteht. Im Falle einer etwaigen Mitschuld kann der gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherer auch die Zahlungssumme kürzen. Handelt es sich dagegen z. B. um einen Auffahrunfall, ist meist von der Alleinschuld des Unfallgegners auszugehen, womit dessen Kfz-Haftpflichtversicherer auch die Gutachterkosten zu tragen hat.
Nach einem Unfall sollte daher stets zeitnah die Frage Kostenvoranschlag vs. Gutachten gestellt werden und – im Falle eines höheren Schadens und keiner Alleinschuld – zum Gutachten tendiert werden. Dies insbesondere, um sich nicht bereits im Vorfeld potenzielle Schadenspositionen abzuschneiden. Gerne beraten und begleiten Sie unsere Anwälte daher durch die Unfallregulierung und stehen Ihnen zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche zur Verfügung.
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