Sind Gefängnisausbrüche strafbar?
Diese Fragen werden sich schon viele gestellt haben. Rechtsanwalt Greithaner erklärt die strafrechtliche Problematik.
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Die JVA Plötzensee (Berlin) stand in den letzten Wochen des Öfteren in der Presse. Mehreren Häftlingen gelang es nämlich mit einer erstaunlichen Leichtigkeit die scheinbar „unüberwindbaren“ Gefängnismauern zu erklimmen und sich den Weg in die Freiheit zu bahnen.
Um die Antwort vorwegzunehmen: Nein, ein Gefängnisausbruch an sich stellt kein strafbares Verhalten dar und kann somit nicht sanktioniert werden. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts einigten sich die Gesetzgeber des Kaiserreichs darauf, dass die „Selbstbefreiung“ nicht bestraft werden dürfe. Diese Ansicht hat auch heute noch Bestand: zwar haben Häftlinge kein Recht auf Freiheit, da Ihnen dieses Recht gerade genommen wurde, jedoch könne dem Häftling der „natürliche Drang nach Freiheit“ nicht genommen werden, sodass niemand aufgrund eines Ausbruchs erneut bestraft werden dürfe.
Entgegen der naheliegenden Vermutung, dass ihnen massive Haftverlängerungen drohen, haben die Häftlinge also keine Strafen zu befürchten.
Auch wenn der Ausbruch an sich nicht strafbar ist, wird der Ausbruch in der Regel ohne weitere Straftaten nicht zu bewerkstelligen sein, zumal die Gefängnistüren auch in Berlin nicht offenstehen. Daher gehen mit einem Ausbruch oftmals andere „Begleittaten“ einher, wie die Sachbeschädigung (§ 303 StGB) oder die Körperverletzung (§ 223 StGB). Aber auch Bestechung (§ 334 StGB), Bedrohung (§ 239 StGB) oder sogar die Geiselnahme (§ 239b StGB). Diese Taten sind natürlich strafbar und werden auch geahndet, sodass es damit auch zu einer Verlängerung der ohnehin abzusitzenden Haftstrafe kommt.
Wenn ein bestimmtes Verhalten nicht unter Strafe steht, kann auch die Hilfeleistung zu diesem Verhalten nicht bestraft werden. Das heißt, dass sich keiner wegen „Beihilfe zum Gefängnisausbruch“ strafbar machen kann. Da der Gesetzgeber jedoch nur den Freiheitsdrang des Einzelnen nicht unter Strafe stellen möchte, wurde mit dem § 120 StGB ein entsprechender Straftatbestand für Fluchthelfer geschaffen, der sog. Straftatbestand der Gefangenenbefreiung. Demnach wird derjenige, der einen Gefangenen befreit, ihn zum Entweichen verleitet oder dabei fördert, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich ein Bekannter oder gar Verwandter strafbar macht, wenn er dem Flüchtigen außerhalb der Gefängnismauern Unterschlupf bietet oder bei seiner weiteren Flucht unter die Arme greift.
Gemäß § 258 Abs.1 StGB macht sich strafbar, wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, dass ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft wird. Klassische Tathandlungen können hier das Bereitstellen eines Fluchtfahrzeuges sein, oder die Organisation des Untertauchens im Ausland. Gleichzeitig ist jedoch zu betonen, dass zum Beispiel das Versorgen des Flüchtigen mit Lebensmitteln noch nicht ausreicht, um den Tatbestand zu erfüllen.
Von entscheidender Bedeutung ist der Absatz 6 des § 258 StGB. Demnach bleibt derjenige, der die Tat (Strafvereitelung) zugunsten eines Angehörigen (also z.B. Verwandte, Verschwägerte, Lebenspartner) begeht, straffrei. Dies gilt jedoch tatsächlich nur für die Strafvereitelung. Wird also Hilfe zu anderen Straftaten bei der Flucht geleistet, macht sich auch der hilfsbereite Angehörige strafbar.
Sollten auch Sie Fragen zum Thema Strafrecht haben, so zögern Sie nicht uns hierauf anzusprechen. Unser Rechtsanwalt Alexander Greithaner ist spezialisiert auf dem Gebiet des Strafrechts und wird auch Ihnen helfen.
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