Corona-Tests an Schulen
Erhebliche Bedenken gegen den Datenschutz!
Nahezu alle Schulen testen ihre Schüler im Präsenzunterricht mit sogenannten Corona-Schnelltests. Doch sind diese Tests überhaupt datenschutzkonform? Üblicherweise erfolgt dieser Schnelltest im Klassenverbund. Jeder Schüler testet sich dabei selbst und zeigt das Ergebnis dem Lehrer. Sollte ein Schüler positiv auf das Corona-Virus getestet werden, so wird dieser sofort von den anderen Schülern separiert und kann/muss abgeholt werden. Doch wie verändert sich hierdurch der Klassenzusammenhalt? Zum einen wissen Kinder – ebenso wie viele Erwachsene – nicht, was ein „positives Testergebnis“ bedeutet. Zum anderen scheint vielen unbekannt, dass man nur eine gewisse Zeit (sofern überhaupt) ansteckend ist. Hieraus folgt, dass ein positiv-getesteter Schüler einer hohen Gefahr des Mobbings und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt ist.
Mit diesem Beitrag soll nicht auf die Sinnhaftigkeit derlei Tests eingegangen werden. Der nachfolgende Beitrag beschäftigt sich rein mit den hiermit verbundenen datenschutzrechtlichen Problematiken und Bedenken.
In der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist die Verarbeitung von Gesundheitsdaten in Art. 9 geregelt. Der Art. 9 DSGVO sieht gegenüber Art. 6 DSGVO erhöhte Rechtmäßigkeitsanforderungen vor, die in einem grundsätzlichen Verarbeitungsverbot (Art. 9 Abs. 1 DSGVO) in Kombination mit strengen Voraussetzungen für eine Zulässigkeit (Art. 9 Abs. 2 und 3 DSGVO) bestehen. Der Gesetzgeber hat diese gesteigerte Schutzbedürftigkeit in dem Artikel 9 verankert, da sie
„ihrem Wesen nach hinsichtlich der Grundrechte und Grundfreiheiten besonders sensibel sind und (…) im Zusammenhang mit ihrer Verarbeitung erhebliche Risiken für die Grundrechte und Grundfreiheiten auftreten können“ S. 51 Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)
Folglich ist die Verarbeitung nur unter erheblichen Auflagen überhaupt zulässig.
Unabhängig davon, ob die Schule oder das Kultusministerium Corona-Schnelltests für notwendig erachtet, bedürfen diese einer Einwilligung des betroffenen Schülers oder ggf. dessen Erziehungsberechtigten. Fehlt diese Einwilligung, so ist auch der Test (und die damit einhergehende Verarbeitung) unzulässig!
Problematisch an der Angelegenheit ist jedoch, dass die Schulen den Präsenzunterricht im Falle einer Verweigerung verwehren werden. Der Schüler ist damit wieder auf den Distanzunterricht verwiesen.
Etwas anderes muss jedoch dann gelten, wenn der Schüler einem Test zwar zustimmt, aber nicht will, dass unbefugte Dritte – wie seine Mitschüler – das Ergebnis erfahren. In diesem Fall ist es Aufgabe der Schule einen Weg zu finden, wie dieses zulässige Datenschutzziel eingehalten werden kann! Sollte sich die Schule weigern, unter diesen Voraussetzungen dem betroffenen Schüler den Zugang zum Präsenzunterricht zu gestatten, so wäre dies rechtswidrig!
In jedem Fall sollten Sie folgendes tun:
Gerne dürfen Sie sich des nachfolgenden Musterschreibens bedienen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
unser Kind (NAME, ADRESSE) ist bei Ihnen Schüler.
Grund unseres Schreibens sind die bei Ihnen durchgeführten Corona-Schnelltests. Im Rahmen dieser Schnelltests müssen die Schüler einen solchen im Klassenverbund durchführen und anschließend das Ergebnis dem Lehrer vorzeigen. Diese Vorgehensweise stößt auf massive datenschutzrechtliche Bedenken. Es erscheint insbesondere nicht notwendig, dass alle Mitschüler das Ergebnis der Tests erfahren – was hierbei jedoch unweigerlich passiert.
Im Rahmen dieser Tests werden Gesundheitsdaten erhoben und verarbeitet. Solche Daten gehören gem. Art. 9 Abs.1, 4 Nr. 15 DSGVO zu den besonderen Kategorien personenbezogener Daten. Art. 9 DSGVO stellt besondere restriktive Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Verarbeitung von ausgewählten Datenkategorien auf, die bei der Verarbeitung bereits aufgrund ihres inhärenten Aussagegehalts besondere Risiken für die betroffene Person mit sich bringen können. Die Verarbeitung dieser durch den Verordnungsgeber als besonders schutzwürdig deklarierten Kategorien personenbezogener Daten (auch: sensible, besser: sensitive Daten) unterliegt einem strikten Verbot (Abs. 1) soweit nicht einer der in Abs. 2 normierten Ausnahmetatbestände einschlägig ist. Die in Abs. 2 aufgezählten Erlaubnistatbestände stellen zusätzliche Anforderungen für eine Verarbeitung der in Abs. 1 genannten Datenkategorien auf (Gola DS-GVO/Schulz, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 9 Rn. 1).
Nach Art. 5 Abs. 1 lit. c müssen personenbezogene Daten dem Zweck angemessen, erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein; der Grundsatz wird hier zusammenfassend als „Datenminimierung“ bezeichnet.
(Kühling/Buchner/Herbst, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 5 Rn. 55). Bei denen in Ihrem Hause durchgeführten Tests ist dies offenbar nicht gegeben.
Solche Tests verstoßen in der von Ihnen durchgeführten Form auch gegen den ErwG 75 DSGVO:
Die Risiken für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen — mit unterschiedlicher Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere — können aus einer Verarbeitung personenbezogener Daten hervorgehen, die zu einem physischen, materiellen oder immateriellen Schaden führen könnte, insbesondere wenn die Verarbeitung zu einer Diskriminierung, einem Identitätsdiebstahl oder -betrug, einem finanziellen Verlust, einer Rufschädigung, einem Verlust der Vertraulichkeit von dem Berufsgeheimnis unterliegenden personenbezogenen Daten, der unbefugten Aufhebung der Pseudonymisierung oder anderen erheblichen wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Nachteilen führen kann, wenn die betroffenen Personen um ihre Rechte und Freiheiten gebracht oder daran gehindert werden, die sie betreffenden personenbezogenen Daten zu kontrollieren, wenn personenbezogene Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft hervorgehen, und genetische Daten, Gesundheitsdaten oder das Sexualleben oder strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten oder damit zusammenhängende Sicherungsmaßregeln betreffende Daten verarbeitet werden, wenn persönliche Aspekte bewertet werden, insbesondere wenn Aspekte, die die Arbeitsleistung, wirtschaftliche Lage, Gesundheit, persönliche Vorlieben oder Interessen, die Zuverlässigkeit oder das Verhalten, den Aufenthaltsort oder Ortswechsel betreffen, analysiert oder prognostiziert werden, um persönliche Profile zu erstellen oder zu nutzen, wenn personenbezogene Daten schutzbedürftiger natürlicher Personen, insbesondere Daten von Kindern, verarbeitet werden oder wenn die Verarbeitung eine große Menge personenbezogener Daten und eine große Anzahl von betroffenen Personen betrifft.
Wir widerrufen daher die Einwilligung zur Datenerhebung im Rahmen derlei Tests, solange kein entsprechendes Datenschutzkonzept von Ihnen vorgelegt wurde. Gleichzeitig fordern wir die Vorlage eines geeigneten Datenschutzkonzeptes.
Weiterhin fordern wir Sie auf, uns die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Datenschutz im Rahmen dieser Tests sowie die Kontaktdaten Ihres Datenschutzbeauftragten zu benennen.
Zur Vorlage dieser Informationen haben wir uns den 18.05.2021 vorgemerkt. Sollte eine abschließende Stellungnahme nicht bis zu diesem Zeitpunkt vorliegen, so werden wir den Sachverhalt dem Landesdatenschutzbeauftragten sowie einem Rechtsanwalt übergeben.
Mit freundlichen Grüßen
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