Verbindliche Honorare der HOAI europarechtswidrig
Wir erklären Ihnen, was die Entscheidung für Architekten und die HOAI bedeutet.
Die deutsche Honorarordnung für Architekten Ingenieure (HOAI) legt für die Vergütung von Architekten- und Ingenieurleistungen verbindliche Mindest- und Höchstsätze fest.
Die Europäische Kommission sah hierin einen Verstoß gegen Art.49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und gegen Art.15 Abs.1, Abs.2 Buchst.g und Abs.3 der Richtlinie 2006/123 über Dienstleistungen im Binnenmarkt.
Am 23.06.2017 reichte sie deshalb eine Vertragsverletzungsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland bei dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein.
Mit Urteil vom 04.07.2019 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf;jsessionid=8BEB50AA32C2454D2D5E0B3E5D5EA969?text=&docid=215785&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1319211)hat der EuGH nunmehr entschieden, „dass die Bundesrepublik Deutschland dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art.15 Abs.1, Abs.2 Buchst. g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123 verstoßen hat, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.“
Die in der HOAI verbindlich geregelten Mindestsätze hielt der EuGH für ungeeignet, das von der Bundesrepublik Deutschland mit ihnen verfolgte Ziel einer hohen Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten und den Verbraucherschutz sicherzustellen. Dies namentlich deshalb, weil „in Deutschland Planungsleistungen (auch) von Dienstleistern erbracht werden können, die nicht ihre entsprechende fachliche Eignung nachgewiesen haben.“
Die in der HOAI verbindlich geregelten Höchstsätze, die – wie von der Bundesrepublik Deutschland vorgetragen – zum Verbraucherschutz beitragen, hielt der EuGH demgegenüber für unverhältnismäßig, weil die Bundesrepublik Deutschland nicht begründet habe, „weshalb die von der Kommission als weniger einschneidend vorgeschlagene Maßnahme, Kunden Preisorientierungen für die verschiedenen von der HOAI genannten Kategorien von Leistungen zur Verfügung zu stellen, nicht ausreichen würde, um dieses Ziel in angemessener Weise zu erreichen.“
Eine Überprüfung der HOAI anhand von Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) hat der EuGH dagegen – entgegen so mancher medialer Berichterstattung – ausdrücklich nicht vorgenommen.
Aus wirtschaftlicher Sicht dürfte das Urteil die ohnehin angespannte Wettbewerbssituation in der Planungsbranche zusätzlich verschärfen. Insbesondere für kleiner Planungsbüros dürfte es schwieriger werden, im Preiskampf mit größeren Konkurrenten zu bestehen.
Ob und ggfs. welche juristischen Konsequenzen sich für einen bereits bestehenden Architekten- bzw. Ingenieurvertrag ergeben, ist – wie so oft – eine Frage des Einzelfalls und lässt sich nicht pauschal beantworten. Klar ist jedoch, dass sich der Planer insbesondere nicht mehr ohne Weiteres auf die Mindestsätze der HOAI berufen kann. Bei künftigen Architekten- bzw. Ingenieurverträgen sollte deshalb auch darauf geachtet werden, die Vergütungsfrage autonom zu regeln.
Sollten Sie Fragen zur Architekten- bzw. Ingenieurvergütung in Ihrem Fall haben, kontaktieren Sie unsere Kanzlei gerne telefonisch, per Mail oder vereinbaren Sie einen persönlichen Besprechungstermin an unseren Kanzleistandorten in Regensburg oder Landshut.
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