Schadensersatz bei Praxisschließungen aufgrund von COVID-19
Sollte Ihre Praxis geschlossen werden, so steht Ihnen gem. § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine Entschädigung zu.
Die aktuellen Ereignisse um das Corona-Virus verunsichern viele unserer Mandanten. Denn die latente Gefahr einer Praxis-Schließung ist vorhanden und nicht unwahrscheinlich. Wir möchten Ihnen Wege aufzeigen, wie Sie Ihre Praxis vor finanziellen Auswirkungen einer Schließung schützen können. Dabei gilt das nachstehende auch für alle anderen Unternehmen, welche einem ähnlich gelagerten Sachverhalt unterliegen. Die Systematik der nachfolgenden Normen ist dabei allerdings sehr komplex und sollte unbedingt von einem Rechtsanwalt überprüft werden.
Das Gesetz spricht in diesem Fall von einem beruflichen Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG. Dabei kann die zuständige Behörde Kranken (§ 2 Nr. 4 IfSG), Krankheitsverdächtigen (§ 2 Nr. 5 IfSG), Ansteckungsverdächtigen (§ 2 Nr. 7 IfSG) und Ausscheidern (§ 2 Nr. 6 IfSG) die Ausübung der beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise untersagen. Dies gilt gem. § 31 S. 2 IfSG auch für sonstige Personen, die Krankheitserreger so in oder an sich tragen und eine Gefahr für die Weiterverbreitung darstellen.
Im Klartext bedeutet dies, dass Ihre Praxis geschlossen wurde, da Ihnen (als Inhaber bzw. Angestellter) ein Tätigkeitsverbot aufgrund der Gefahr einer weiteren Ausbreitung von COVID-19 auferlegt wurde.
Sie sind bei dieser Maßnahme jedoch nicht rechtlos gestellt. In § 56 IfSG wird genau geregelt, wer Anspruchsinhaber ist, welche Höhe der Entschädigung zu leisten ist, welche Zahlungen Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber fordern können, welche Fristen zu beachten sind etc.
Wer eine Entschädigung verlangen kann, erläutert § 56 Abs. 1. So besagt dieser folgendes:
„Wer auf Grund dieses Gesetzes als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne von § 31 Satz 2 Verboten in der Ausübung seiner bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegt oder unterworfen wird und dadurch einen Verdienstausfall erleidet, erhält eine Entschädigung in Geld. Das Gleiche gilt für Personen, die als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige abgesondert wurden oder werden, bei Ausscheidern jedoch nur, wenn sie andere Schutzmaßnahmen nicht befolgen können. Eine Entschädigung nach den Sätzen 1 und 2 erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.“
Vereinfacht gesagt, bedeutet dies, dass jedem eine Entschädigung prinzipiell zusteht, der von einer Praxisschließung betroffen ist.
Die Höhe der Entschädigung richtet sich gem. § 56 Abs. 2 IfSG primär nach dem Verdienstausfall (Abs. 3 i.V.m. § 14 SGB IV). Hierbei wird zwischen dem Zeitraum der ersten 6 Wochen und danach unterschieden. Innerhalb der ersten 6 Wochen werden 100% des Verdienstausfalls gezahlt. Diese Regelung gilt damit nur für Arbeitnehmer.
Für Selbstständige berechnet sich dies etwas anders. Diese erhalten monatlich 1/12 des jährlichen Arbeitseinkommens (§ 15 SGB IV) aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit.
Zusammengefasst bedeutet dies, dass sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer ohne große Verluste vom Staat entschädigt werden.
Aus § 56 Abs. 5 IfSG ergibt sich, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für 6 Wochen, die Entschädigung auszahlen muss. Damit tritt der Staat nicht in die Verpflichtung des Arbeitgebers ein. Die ausgezahlten Beträge werden aber dem Arbeitgeber von der zuständigen Behörde erstattet.
Aber Achtung: hierbei gibt es eine 3-Monats-Frist nach § 56 Abs. 11 IfSG zu beachten!
Da bei einer Praxis nicht nur Personalkosten sondern auch Mietkosten, Leasingkosten etc. anfallen, gestattet das Gesetz gem. § 56 Abs. 4 IfSG auch den Ersatz von Mehraufwendungen in einem angemessenen Umfang. Dies bedeutet, dass auch alle weiteren Kosten in gewisser Weise übernommen werden können. Aber Achtung: hierbei verlangt das Gesetz einen Nachweis über eine drohende Existenzgefährdung, sollten diese Kosten nicht auch übernommen werden.
Hierzu macht das Gesetz keine Angaben. Die Behörde muss jedoch dem Arbeitgeber einen angemessenen Vorschuss des vollständigen Erstattungsbetrages gewähren.
Sollten Sie Fragen zum Thema Corona-Virus (COVID-19) und seinen wirtschaftlich-rechtlichen Auswirkungen haben, so steht Ihnen unser Rechtsanwalt Stephan Hendel jederzeit gerne zur Verfügung.
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