Harnblasenkarzinom
Kann ein Blasenkrebs eine Kfz-Mechanikers als Berufserkrankung anerkannt werden?
Ein 1961 geborener Mann war seit 1977 als Kfz-Mechaniker tätig. Mit 38 Jahren wurde bei ihm ein Harnblasenkarzinom festgestellt, bei dem ansonsten das durchschnittliche Erkrankungsalter bei Männer 70 Jahre betrage. Von 1964 bis 1994 wurden Ottokraftstoffen Blei und zur Kennzeichnung Sudan Rot zugefügt. Aus letzterem wird das aromatische Amin o-Toluidin freigesetzt, dass kanzerogen ist. Die Berufsgenossenschaft hatte die Anerkennung mit der Argumentation verweigert, es sei nicht nachgewiesen, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Erkrankung um mindestens 50 % erhöht war.
Das LSG Hessen erkannte eine Berufskrankheit jedoch an (Urt. v. 2.7.2019 – L 3 U 48/13). Berufskrankheiten gem. § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Krankheiten die von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung in eine Liste aufgenommen worden sind. Bis auf wenige Ausnahmen sind in dieser Liste jedoch nicht Krankheiten Berufsbildern zugeordnet, sondern Krankheiten der Exposition bestimmten schädlichen Einflüssen, z.B. Chemikalien. Unter Nr. 1301 sind genannt: „Schleimhautveränderungen, Krebs und andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine“. Die Schwierigkeit liegt darin zu ermitteln, ob zu einer zumeist schon lange zurückliegenden Zeit, eine Exposition stattgefunden hat. Vorliegend waren nur bis 1994 aromatische Amine in Benzin enthalten, die Erkrankung brach erst vier Jahre nach Beendigung der Exposition aus, der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts lag 25 Jahre nach Beendigung der Exposition.
In einer solchen Konstellation ist auch der Beweis der Kausalität zwischen Exposition und Erkrankung schwer. Dem Versicherten kommt hier § 9 Abs. 3 SGB VII zu Hilfe, denn es erhält für die gelisteten Erkrankungen eine Vermutungsregel. Entscheidend ist hier, dass der Gefahrstoff nach dem gegenwärtigen Stand der medizinischen Erkenntnis generell geeignet ist, beim Menschen eine bösartige Erkrankung der Harnwege zu verursachen. Dies gilt zumindest dann, wenn Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht gefunden werden können. Insofern wurde im Urteil ausdrücklich erwähnt, das der Kläger Nichtraucher war.
In dem komplexen Verfahren um die Anerkennung von Berufskrankheiten sind neben umfangreichen Gutachten eine frühzeitige Rechtsberatung entscheidend.
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