§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG
die Abgabe von Betäubungsmitteln an Jugendliche und deren Folgen
Bereits bei dem ersten Blick auf die Vorschrift des § 29a BtMG fällt dem Leser das überaus höhere Strafmaß im Vergleich zu dem § 29 BtMG auf:
sind die einführenden Worte des § 29a BtMG. Damit wird nicht nur klargestellt, dass sich das Strafmaß zwischen 1 Jahr und 15 Jahren bewegt, sondern darüber hinaus wird der § 29a BtMG dadurch zu einem Verbrechenstatbestand (Mindestfreiheitsstrafe von 1 Jahr), was wiederrum dazu führt, dass eine Einstellung wegen Geringfügigkeit gem. § 153 StPO oder eine Einstellung gegen Auflagen gem. § 153a StPO von vornherein ausgeschlossen ist.
Damit eine Strafbarkeit gem. § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG bejaht werden kann, muss eine Person, welche bereits über 21 Jahre ist, einer Minderjährigen Person Betäubungsmittel abgeben, verabreichen oder überlassen. Insofern spielt im Rahmen dieser Vorschrift das Alter der beteiligten Personen eine wesentliche Rolle. Gibt ein Heranwachsender, also eine Person zwischen 18 und 21 Jahren, einer Minderjährigen Person Betäubungsmittel, greift die Vorschrift des § 29a BtMG nicht. Ist der Empfänger der Betäubungsmittel bereits 18 Jahre alt, greift der § 29a BtMG ebenso wenig. Die Vorschrift dient schlicht und ergreifend dem Jugendschutz und will verhindern, dass immer mehr Jugendliche in die Drogenszene als Konsumenten oder aber als Händler abgleiten.
Als Tathandlung nennt das Gesetz drei Varianten: die Abgabe, die Verbrauchsüberlassung sowie das Verabreichen. Mit Abgabe versteht der Gesetzgeber die unerlaubte Übertragung der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt. Die Betonung liegt hierbei auf „tatsächliche Verfügungsgewalt“, welche nur dann bejaht werden kann, wenn der Minderjährige nun frei über die Betäubungsmittel verfügen kann und daher selbst entscheiden kann, was er damit macht. Werden zum Beispiel Betäubungsmittel an einen Minderjährigen übergeben, der lediglich als Bote für eine Person über 21 Jahren handelt, liegt noch keine Abgabe im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG vor, da der minderjährige Bote selbst keine eigene Sachherrschaft erlangt, sondern diese für den Empfänger ausübt (OLG München, Beschluss v. 08.10.2014 – 4 OLG 13 Ss 452/14)
Mit Verbrauchsüberlassung versteht der Gesetzgeber das Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch, d.h. die Übergabe von Betäubungsmitteln an einen anderen zum sofortigen Verbrauch. Im Gegensatz zur oben beschriebenen Abgabe spielt es hierbei keine Rolle ob der Minderjährige die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Betäubungsmittel erlangt oder nicht, sodass sich beide Varianten gegenseitig ausschließen. Zwar mögen manche nun argumentieren, dass der Konsum von Drogen nicht strafbar sei, was auch vollkommen zutreffend ist. Jedoch widerspricht die Überlassung zum Konsum gegen die Intention des Gesetzgebers (Jugendschutz), weshalb diese Tathandlung unter Strafe gestellt wird.
Das Verabreichen von Betäubungsmitteln ist die unmittelbare Anwendung von Betäubungsmitteln am Körper oder das Einführen von Betäubungsmitteln in den Körper des Empfängers ohne dessen Mitwirkung. Auch in dieser Tatvariante erlangt der Empfänger keine tatsächliche Verfügungsgewalt. Klassischer Fall: das Setzen einer Spritze.
In der Regel wird der Täter ein erwachsener Drogenhändler sein, der aus Eigennutz an Minderjährige Betäubungsmittel verkauft. Doch die Vorschrift des § 29a BtMG betrifft auch diejenigen Personen, die aus Mitleid, Freundschaft, Hilfsbereitschaft oder anderen sozialen Gesichtspunkten minderjährige Betäubungsmittelabhängige damit versorgen.
Neben den obigen Tathandlungen und der beschriebenen Altersbegrenzung setzt der § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG im Rahmen des subjektiven Tatbestandes ferner voraus, dass der Täter wusste oder aber zumindest billigend in Kauf nahm, dass derjenige, an den er Drogen abgibt, minderjährig ist. Es ist also nicht zwingend notwendig, dass der Minderjährige dem Täter sein Alter mitteilt, vielmehr reicht es für eine Strafbarkeit bereits aus, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnete, dass es sich bei dem Adressaten der Handlung um einen Minderjährigen handelt. Hierbei werden viele Faktoren eine Rolle spielen, wie zum Beispiel: das Aussehen und die Statur des Minderjährigen, das Verhalten des Minderjährigen, wusste der Täter welche Schule der Minderjährige besucht. Insofern führt die Behauptung „ich wusste nicht wie alt er ist“ oftmals nicht zu dem erhofften Ergebnis.
Aufgrund der hohen Straferwartung sollten Sie bereits im Ermittlungsverfahren, spätestens aber im Hauptverfahren einen Rechtsanwalt konsultieren. Als Beschuldigter sollten Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und zunächst keine Angaben zur Sache machen. Kontaktieren Sie uns, wir helfen Ihnen weiter.
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